Umsatzsteuer in der Physiotherapie

Umsatzsteuer bei Heilberufen

Grundsätzlich sind die Umsätze aus Ihrer Tätigkeit als Physiotherapeut von der Umsatzsteuer befreit.

Die ausdrückliche Befreiungsvorschrift findet sich in § 4 Nr. 14a Umsatzsteuergesetz.

Verschärfung der Umsatzsteuer für Physiotherapeuten ab 01.07.2015

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz (7 %; von 7-12/2020: 5%) gilt nur noch für verordnungsfähige Leistungen.

Physiotherapeutische Leistungen auf der Grundlage einer Verordnung sind von der Umsatzsteuer befreit. Liegt keine Verordnung vor greift bislang noch der ermäßigte Umsatzsteuersatz i.H.v. 7 % (von 7-12/2020: 5 %) ein, wenn die Behandlung ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dient, wobei im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nicht nachgewiesen werden muss. Vom ermäßigten Umsatzsteuersatz ausgeschlossen sind nur Leistungen, die anderen, z.B. kosmetischen Zwecken, dienen und bei denen Heilzwecke von vornherein ausgeschlossen sind.

Mit BMF Schreiben vom 28. Oktober 2014 wurde der Anwendungserlass zur Umsatzsteuer in Bezug auf den Abschnitt „12.11. Schwimm- und Heilbäder, Bereitstellung von Kureinrichtungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG)“ geändert.

Für nach dem 30. Juni 2015 ausgeführte Umsätze ist für die Frage, ob die Verabreichung eines Heilbads nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG begünstigt ist (ermäßigter Umsatzsteuersatz i.H.v. 7%; von 7-12/2020: 5%), die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL in der jeweils geltenden Fassung) in Verbindung mit dem sog. Heilmittelkatalog maßgeblich. Entscheidend ist damit, dass die Verabreichung des Heilbads nach diesen Vorschriften als Heilmittel verordnungsfähig ist, unabhängig davon, ob eine ärztliche Verordnung tatsächlich vorliegt.

Als verordnungsfähig anerkannt sind danach beispielsweise:

  • Peloidbäder und -packungen
  • Inhalationen, Elektrotherapie
  • Heilmassage
  • Heilgymnastik
  • Unterwasserdruckstrahl-Massagen

Nicht verordnungsfähig sind:

  • Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nach Maßgabe der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (VerfO) nicht nachgewiesen ist, z.B. Höhlen-/Speläotherapie, nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage, Akupunktmassage und Atlas-Therapie nach Arlen
  • Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind, z.B.:
  • Massage des ganzen Körpers (Ganz- bzw. Vollmassagen), Massage mittels Geräten sowie Unterwassermassage mittels automatischer Düsen, sofern es sich nicht um eine Heilmassage handelt
  • Teil- und Wannenbäder, soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittelkataloges verordnungsfähig sind
  • Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder
  • Schwimmen und Baden, auch in Thermal- und Warmwasserbädern – hier kommt allerdings eine Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 1 UStG in Betracht
  • e)  Maßnahmen, die der Veränderung der Körperform (z.B. Bodybuilding) oder dem Fitness-Training dienen

Keine Heilbäder sind außerdem

  • Reiki
  • Garshan
  • Lichtbehandlungen
  • Floating-Bäder
  • Heubäder
  • Schokobäder
  • Kleopatrabäder
  • Aromabäder
  • Meerwasserbäder

Umsatzsteuer und Kleinunternehmerregelung

Für viele Heilberufler wird die Umsatzsteuerpflicht deshalb nicht akut, weil die betroffenen Umsätze unter der Grenze von 22.000 € (bis 2019: 17.500 €) liegen. Bis dahin ist man nämlich Kleinunternehmer und braucht sich nicht um die Umsatzsteuer zu kümmern.

Sollten Sie solche Tätigkeiten im größeren Umfang ausführen bzw. gegebenenfalls auch außerhalb Ihrer freiberuflichen Praxis weitere Umsätze tätigen (für Umsatzsteuerzwecke wird das zusammengerechnet!), dann sollten Sie unbedingt mit uns sprechen.

Denken Sie an Ihren Kapitalanlagebereich: Umsatzsteuerpflichtig ist beispielsweise auch die Vermietung von Containern oder der Betrieb von Photovoltaikanlagen. Haben Sie im Zusammenhang mit einer Photovoltaikanlage bereits auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet? Dann kommt eine Umsatzsteuerpflicht ab dem ersten Euro zum Tragen.

Umsatzsteuer in Mietverträgen für Praxisräume

Nicht nur bei der Existenzgründung selbst, sondern auch bei laufender Praxis ist es wichtig, die Mietverträge Ihrer Praxisräume auf umsatzsteuerliche Gesichtspunkte zu überprüfen. Insbesondere ist auf die Umsatzsteuer zu achten.

Grund: Bei gewerblichen Mietverträgen kann die Miete inklusive Umsatzsteuer vereinbart werden (§ 9a II UStG), wenn der Mieter zu 95 % umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringt. Leider wird dies oft auch falsch bei den den Verträgen für die Praxisträume gemacht.

Beachte – keine Umsatzsteuer bei typsichen Physioterapeuten Tätigkeit: Dies ist bei Physiotherapeuten zumindest für den Bereich der klassischen Behandlung nicht der Fall, da diese Leistungen zumeist Heilbehandlungen sind und damit gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Es kommt jedoch vor, dass gewerbliche Mietverträge geschlossen werden, in denen die Mietzahlungen monatlich Umsatzsteuer enthalten, obwohl Sie als Mieter kaum oder gar keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erbringen. Damit zahlen Sie über die eigentliche Netto-Miete hinaus nochmal 19 % mehr. Da Sie keine Vorsteuer zurück bekommen, sind die 19 % nicht wie eigentlich gewollt ein durchlaufender Posten, sondern eine tatsächliche Belastung für Sie. Das ist übrigens so auch steuerlich gar nicht zulässig – negative Folgen können sich hierdurch auch für den Vermieter ergeben.

Aktiv tätig werden: Deshalb überprüfen Sie Ihren Mietvertrag. Wenn dieser für Ihre eigentliche Praxistätigkeit abgeschlossen wurde, dann muss die Miete netto ausgewiesen sein. Sollte dies nicht der Fall sein, so nehmen Sie schnellstens Kontakt mit Ihrem Vermieter und Ihrem Berater auf. Denken Sie daran, dass Sie jeden Monat knapp 20 % zu viel Miete überweisen.

Überprüfen Sie in dem Zusammenhang auch, ob Ihre Miete der Höhe nach für Sie und Ihren Praxisumsatz angemessen ist. Aus den bestehenden Bechmarketings ist im Durchschnitt für die Branche ein Mietanteil von etwa 7–9 % Ihrer Einnahmen üblich. Ergeben sich erhebliche Abweichungen von diesem Branchendurchschnitt ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht Ihr Kostenanteil für die Miete im Verhältnis zu Ihrem Umsatz zu hoch. Somit wäre eine mit Ihnen gemeinsam auszuarbeitende Lösung die Senkung der Mietkosten oder natürlich auch die Erhöhung der Praxiserlöse.

Wichtige Inhaltsbestandteile: Überprüfen Sie auch den grundsätzlichen Inhalt Ihres Mietvertrags. Da Sie einen gewerblichen Mietvertrag haben, gelten die Bestimmungen des Wohnraummietrechts nicht und daher kann der Vertrag fast ohne Einschränkung indivuell formuliert sein . Damit ist hinsichtlich der Ausgestaltung grundsätzlich mehr Vorsicht geboten, da der rechtliche Schutz nicht so umfassend wie bei einem Wohnraummietverhältnis geregelt ist. Enthält Ihr Mietvertrag eine Konkurrenzschutzklausel? Diese schützt Sie davor, dass Sie in Ihrer unmittelbaren Umgebung unliebsame Konkurrenz erhalten. Falls nicht, so lassen Sie diese nachträglich in Ihren Mietvertrag aufnehmen.

Besondere Vorsicht ist auch beim Thema Nebenkosten geboten. Enthält Ihr Mietvertrag keine Aussage dazu, wer die Nebenkosten in welcher Höhe zu tragen hat, so sind die Nebenkosten grundsätzlich durch den Vermieter zu tragen. Mit ziemlicher Sicherheit enthält Ihr Mietvertrag jedoch eine Klausel, der die Umlage der Betriebskosten regelt. Idealerweise sollte Ihr Mietvertrag einen Hinweis enthalten, dass sich der Umfang der umgelegten Nebenkosten am Katalog der wohnwirtschaftlichen Nebenkosten erweist. Eine Reihe von Nebenkosten wird jedoch von diesem Katalog nicht erfasst. Dazu gehören auch die Kosten der Hausverwaltung. Ihr Mietvertrag sollte hierzu eine ergänzende Regelung enthalten. Denken Sie bitte auch zusätzlich daran: Wie auch die Miete ohne Umsatzsteuer ist (siehe Absatz oben), teilen auch die Nebenkosten dieses Schicksal. Das bedeutet, dass auch die Nebenkosten in der Regel ohne Umsatzsteuer weiter zu berechnen sind.

Schönheitsreparaturen oder Renovierungen, die nur aufgrund von im Mietvertrag festgesetzten Fristen oder Vereinbarungen durchgeführt werden müssen, brauchen Sie seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2008 (Az. XII ZR 84/06) nicht mehr durchzuführen. Solche Regelungen sind inzwischen ebenso unzulässig wie solche Klauseln, die Ihnen zeitanteilig Renovierungskosten auferlegen, wenn Sie vor Ablauf der Renovierungspflicht kündigen.

Empfehlung:Wünschen Sie eine wirtschaftliche oder steuerrechtliche Überprüfung Ihres Mietvertrags, dann sprechen Sie mit uns. Gerne prüfen wir für Sie aus steuerrechtlicher Sicht, ob Ihre Miete für Ihre Praxis betriebswirtschaftlich angemessen und ob der Mietvertrag inhaltlich mängelfrei ist. Für die zivilrechtliche Überprüfung haben wir uns mit spezialisierten Rechtsanwälten vernetzt, die gerne diese Prüfung für Sie vornehmen können.